Die Frage, wann man sich am besten selbständig macht, ist eine höchst Individuelle. Auslöser kann sein, dass man dringend aus der bisherigen Anstellung weg will, dass man gekündigt wurde oder dass die Gründungsidee einfach nicht mehr warten kann. Weil man tief drin spürt, dass es ein Herzensbusiness werden wird. Trotzdem brauchen viele Menschen einen extra Kick. Gerade jetzt. Aber wahrscheinlich immer. Veränderungen machen nun mal Angst und unser Gehirn mag Veränderungen nicht. Warum ein Risiko eingehen, wenn doch alles gut ist? Was ist schon die Unzufriedenheit wert, wenn das Gehalt monatlich auf dem Konto erscheint?
Um meinen eigenen Schritt in die Selbständigkeit zu wagen, musste mein Bruder erst schwer mit dem Auto verunglücken. Über Wochen hatten wir Sorge, ob er überlebt. Er hat es geschafft, ist aber immer noch schwer behindert. Für mich war damals klar, dass Leben kann von einem auf den anderen Tag total anders sein. Es kann sogar vorbei sein. Ich habe keine Ausrede mehr, in einem Okay-Job zu bleiben, wenn ich viel bessere Ideen habe, bei denen ich bloss noch nicht weiß, ob sie funktionieren. Die große Entscheidung ist jetzt über 10 Jahre her. Ich blicke auf gute und auf sehr gute Jahre zurück, auf kleine und große Schwierigkeiten und auf schöne Erfolge. Ich freue mich immer noch, dass ich nicht mehr auf so viele Sitzungen muss und gleichzeitig fehlt mir manchmal auch der Austausch mit Kolleg:innen. Es hat alles Vor- und Nachteile – aber in der Gesamtbewertung war meine Entscheidung die Richtige.
Kann Corona, die aktuelle Krise für Dich ein Auslöser sein, um den Absprung zu wagen?
Ich weiß es nicht. Vielleicht hilft Dir die Kündigung, den Schritt zu wagen. Vielleicht hast Du gerade in Corona gemerkt, dass Dein Job Dir eigentlich keinen Spaß macht. Vielleicht hast Du eine super Gründungsidee entwickelt, die gerade jetzt – in dieser Veränderungszeit – von vielen gebraucht wird. Und vielleicht ist Dir durch Corona auch nur nochmal bewusst geworden, wie fragil das Leben sein kann und dass es keinen Grund gibt, sich nur aufgrund eines vermeintlichen Sicherheitsbedürfnisses mit einem Job aufzuhalten, der keinen Spaß macht oder Dir nicht sinnvoll erscheint.
In jedem Fall ist der Schritt schwer!
Ein Wagnis einzugehen, heißt Widerstände zu überwinden. Diese Reise ist kein Spaziergang. Ich bin aber auch überzeugt davon, dass es sowas wie Bestimmung, Lebensaufträge oder Lebensaufgaben gibt. Wenn Deine Businessidee zu dieser Bestimmung gehört, wirst Du immer wieder Impulse erleben, die Dich in diese Richtung stupsen. Leise Impulse, die leicht zu unterdrücken sind und laute Impulse, bei denen man nicht mehr wegsehen kann. Wenn ich auf meine Trennungsphase zurückschaue, von der angestellten Geschäftsführerin hin zur freiberuflichen Coach, dann waren da leise Impulse, wie eine Coachingausbildung, in der ich schon intensiv das Gefühl hatte, dass ich sowas hauptberuflich machen will. Aber das liebe Geld, also bin ich geblieben. Bestimmt gab es noch zahlreiche andere Erlebnisse, die als Hinweise dienen sollten. Aber es brauchte den Unfall von meinem Bruder, damit ich mich getraut habe. Und auch da nicht sofort, der Unfall löste erst noch einen kleinen Burnout bei mir aus und erst in dieser Krankschreibungspause habe ich gemerkt, dass es nun wirklich Zeit für den Neuanfang ist.
Aufregend ist es immer!
Ich weiß auch von zahlreichen Gründerinnen und Gründern, dass der eigene Absprung eigentlich immer aufregend ist. So wird es auch bei Dir sein. Aufregend. Verbunden mit Angst und Widerständen. Ja, Du darfst auch angestellt bleiben. Das ist auch eine Option. Du darfst Dir auch eine neue Stelle suchen. Eine Gründung ist kein Muß im Leben. Mir ist das wichtig zu sagen, weil es manchmal gute Gründe gibt, sich in dem Prozess vor der Gründung am Ende des Tages doch dagegen zu entscheiden. In Berlin gibt es die wunderbare Möglichkeit mit einem Coach in der Vorgründungsphase zusammenzuarbeiten. Das ist sehr wertvoll, weil genau in dieser Phase so viele Fragen auftauchen und es einfach gut ist, hier kompetent begleitet zu werden. Die richtigen Weichen am Anfang zu stellen und auch schon die Hürden zu sehen, die absehbar sein werden.
Um nicht nur mit Berliner:innen in dieser Phase zu arbeiten und um gleichzeitig wertvollen Input für Menschen zu geben, die bereits selbständig sind und sich immer wieder mit ihren Angeboten und Produkten weiterentwickeln wollen, habe ich mit der wunderbaren Elisabeth Steinmetz eine offene Facebookgruppe gegründet. Aktuell laufen wir uns war, Mitte Mai gibt es dann eine ganze Workshopwoche, in der wir zu Gründungsthemen arbeiten, zum richtigen Business und zur eigenen richtigen Haltung dazu. Ich freu mich sehr, wenn ich dazu beitragen kann, dass Du auch in der Corona-Phase offen für Veränderungen bist und den für Dich passenden Weg findest.